Filmidee

Hintergrund der Filmidee
Sich für die Vielfalt des Lebens einzusetzen, für eine gerechte Welt, den Dialog unter den verschiedenen Menschen/Kulturen und den sorgsamen Umgang mit der Erde und sich selbst, das ist seit 25 Jahren ein zentrales Bildungsanliegen der Scuola Vivante. Aus diesem Bestreben ist im Hohen Atlas von Marokko – initiiert nach einer Bildungsreise mit Schülern im Jahr 2007 – eine Frucht entstanden: die Partnerschule école vivante, die im Sommer 2016 in ihr siebtes Jahr starten wird.

Mehrere Male schon reisten Schülerinnen und Lehrer der Scuola Vivante nach Marokko in das abgeschiedene Ait Bouguemez, ins „Tal der Glücklichen“, zur école vivante, die aktuell eine Primarstufe mit rund 40 Kindern führt. Die Erweiterung mit Collège sowie öffentlicher Werkstatt, in der neben Handwerk und Kunst auch Tüftelfähigkeiten gefördert und Berufslehren angeboten werden, ist in Vorbereitung. Die Kinder und Jugendlichen der Scuola Vivante beteiligten sich regelmässig aktiv an Finanzbeschaffung und pädagogischer Weiterentwicklung der école vivante. Es steckt viel Arbeit, Herzblut und Liebe in dieser Partnerschaft.

Dieses Engagement für den Frieden und für den Aufbau dieses innovativen Bildungsprojekts im Hohen Atlas brachte der Scuola Vivante die Aufnahme in das Netzwerk der UNESCO assoziierten Schulen.

In diesem Zusammenhang hatte die Scuola Vivante das Glück, Jordi Savall, einer der bedeutendsten Gegenwartsmusiker und Forscher der alten Musik sowie Kulturbotschafter der UNESCO, für das gemeinsame Konzert „Orient – Occident“ zu gewinnen. Dieses fand im April 2012 in der Herz Jesu Kirche in Buchs SG statt, veranstaltet von der Schule. Team, Schülerinnen und Schüler bereiteten sich auf dieses Konzert vor, gestalteten ein umfassendes Lese-Programm-Heft mit geschichtlichen, geografischen, sprachlichen künstlerischen und biologischen Themen, befassten sich mit Stimmbildung und sangen im Schlussteil des Konzertes mit.

Zentrales Element des musikalischen Schaffens von Jordi Savall ist die Suche nach dem Verbindenden: die gemeinsame musikalische Sprache der verschiedenen Kulturen, Völker und Religionen. Die Verbindung zwischen Musik und Geschichte. In dieser Suche erweckt er nicht nur vergessenes Liedgut wieder zum Leben, er nährt vielmehr auch die alte Sehnsucht des Menschen, sich in Frieden begegnen, in Frieden leben zu können.

Dieses gemeinsame Bestreben von Jordi Savall und der Scuola Vivante, führte im April 2014 zu einem weiteren Konzert „Mare Nostrum – Dialogue of Ottoman, Jewish and Christian Music from arround the Mediterraneum“. Mit Jordi Savall standen 18 hervorragende Instrumentalisten und Vokalisten aus Armenien, der Türkei, Griechenland, Israel, Italien, Frankreich, Katalonien, Spanien und England in der Herz Jesu Kirche in Buchs SG auf der Bühne – eine musikalische Reise ums Mittelmeer mit Geschichten von Migrationsbewegungen und Dialogen unter den drei grossen monotheistischen Religionen. Jordi Savall hat den Chor der Scuola Vivante erneut im Schlussteil des Konzertes, in einer türkischen, arabischen, griechischen und hebräischen Variation des Volksliedes Ghazali integriert – ein Lied, das sich rund um den Mittelraum verbreitet hat und in verschiedenen Ländern gesungen oder getanzt wurde/wird, jedes in leicht abgeänderter Form, in der eigenen Landessprache, aber dennoch unverkennbar das gleiche Stück. Wiederum befassten sich Schüler und Lehrerinnen im Vorfeld umfassend mit diesem Konzert – dieses Mal verstärkt mit den Musikern, deren Instrumenten, Heimatländer und Landessprachen.

Mit dem Einbezug des Kinder- und Jugendchores der Scuola Vivante spannte Jordi Savall einen Bogen von der Alten Musik – mit seinem zentralen Anliegen die Geschichte in Erinnerung zu behalten – zu der aktuellen politisch, gesellschaftlich und religiös sich verschärfenden Situationen zwischen Nord-Süd und West-Ost: hin zu der zukünftigen tragenden Generation. Diese bekommt im Konzert eine Stimme, wird aufgefordert an diesen Dialogen teilzunehmen, diese weiterzuführen und sich für eine gerechte Welt einzusetzen.

Die Organisation dieses Anlasses lag wiederum in den Händen der Schule: der Schulleitung – insbesondere Jürg Mäder – des Teams, der Eltern, Kinder und Jugendlichen. Das Konzert Mare Nostrum wurde unter der Leitung von Stefan Haupt und Geroges Gachot von drei Kameras und einer vierten Schülerkamera aufgezeichnet.

Auf einer sechzehntägigen Bildungsreise im Mai 2014, einen Monat nach dem Konzert Mare Nostrum, legte eine Gruppe der Sekundarstufe 1 der Scuola Vivante auf dem Landweg einen Teil dieses Weges ans und übers Mare nostrum zurück: zu ihrer Partnerschule in den Hohen Atlas von Marokko. Diese rund 4500 Kilometer lange Reise führte von der Schweiz aus durch Frankreich, Spanien, über die Mittelmeerenge von Gibraltar nach Tanger, zu der blauen Stadt Chefchouen, nach Fès und Marrakesch bis ins Ait Bouguemez, der Heimat der école vivante und dem Ziel der Reise. Das Ait Bouguemez ist ein abgelegenes Tal inmitten des Hohen Atlas auf 1800m Höhe, weit entfernt von den nächsten größeren Städten. Die Bewohner des Tales sind Berber, die meist mit dem Verdienst aus ihrer kleinen Landwirtschaft und der Viehzucht auskommen müssen. Das Leben ist geprägt vom Rhythmus der Jahreszeiten und der rauen Natur. Die Lebensweise der Menschen ist in vielen Bereichen noch sehr ursprünglich und die meisten Arbeiten werden nach wie vor homogen und in Gemeinschaft erledigt.

Die Jugendlichen und Begleitpersonen brachen auf, verliessen Vertrautes, betraten Unbekanntes, liessen sich von einem Teil derjenigen Welt berühren, die im Konzert ihren musikalischen Ausdruck fand. Sie traten in Kontakt mit Menschen und ihren Werken, führten Gespräche, gingen Beziehungen ein, suchten das Verbindende – die gemeinsamen Wurzeln.

Es war eine von Eindrücken und Erlebnissen unglaublich reichhaltige und tiefgründige Reise, die auf über 100 Stunden Filmmaterial festgehalten wurde – gefilmt von den Jugendlichen selbst unter der Leitung von Veronika Müller Mäder, nach einer professionellen Einführung und Schulung in Kamerahandhabung, Tontechnik und Regiearbeit. Erwähnenswert: Das Kameraequipment wurde aus einem Teil des Preisgeldes vom Schweizer Schulpreis 2013 angeschafft. Die Finanzierung der Reise lag in der Verantwortung der Reisegruppe selbst, mit Budgetplanung und Finanzierungsplan.

Der Film
Der Film verbindet die drei verschiedenen Geschichten – das Konzert, die Interviews mit den Musikern und die Reise zur école vivante.

Die Musik- und Konzertaufnahmen führen wie ein roter Faden durch den Film. Sie wechseln ab mit vielseitig interessanten, humorvollen und tiefgründigen Interviews mit Jordi Savall und neun Musikern von Hespèrion XXI aus Armenien, Frankreich, Griechenland, England, Israel, Spanien und der Türkei. Diese Gespräche wurden am Rande des Konzertes in den Räumlichkeiten der Scuola Vivante zusammen mit Schülerinnen, Schülern, Eltern und Lehrpersonen geführt und aufgezeichnet – unter der Regie von Stefan Haupt und Georges Gachot. Die Musiker erzählen aus ihrem Leben und ihrer Heimat, über ihre Liebe zur Musik und zu ihren Instrumenten und sprechen über die Bedeutung in einer so grossen, kulturell und religiös vielfältigen Formation Musik machen zu dürfen.

Kunstvoll wird die Geschichte der Bildungsreise der Scuola Vivante zu ihrer Partnerschule der école vivante in Marokko von Michelle Brun und Stefan Haupt in das Konzertgeschehen und in die Gespräche mit den Musikern integriert.

Die Kinder und Jugendlichen können an jedem Schritt in der Postproduktion (Schnitt, Tontechnik, Grading, Grafik) teilhaben und mitlernen. Die Schülerinnen der Sekundarstufe transkribierten alle deutschen, englischen und französischen Interviews mit den Musikern. Die Texte der Off-Stimme sind ein Zusammenschnitt aus den Reisetagebüchern der Marokko-Reisegruppe. Die Off-Stimme wird an einem schulinternen Casting ermittelt und in einem Tonstudio in Zürich aufgezeichnet.

Link zur Schulinitiative Scuola Vivante